Wenn man sich in der Autorencommunity bewegt, sieht man viele Dinge. Nichts ist überall gleich, viele Autoren gehen völlig unterschiedlich an Sachen heran. Natürlich gibt es auch ein paar Punkte, die sich einfach eingespielt haben und oft ähnlich genutzt werden. Schreibchallenges zum Beispiel sind halt im Kern sehr gleich, aber sie stellen auch ein besonderes Format dar. Immer mehr sieht man aber auch KI.
Im Post über mein aktuelles Schreibprojekt habe ich ja schon künstliche Intelligenz (KI) und eventuelle Gefahren für die Welt erwähnt. Naja, zumindest für meine fiktive Welt. Heute möchte ich meine Gedanken zu KI beim Schreiben und Veröffentlichen von Literatur thematisieren. Ich habe das vor einiger Zeit schon in einem Instagram-Post getan und möchte hier noch ein bisschen mehr Substanz geben.
DISCLAIMER: Ich möchte nicht, dass sich jemand von diesem Text angegriffen fühlt. Es handelt sich ausschließlich um meine eigenen Gedanken und in der Folge meine Herangehensweise an das Thema. Wer KI für die eigenen Arbeiten verwenden möchte, darf das selbstverständlich und auch in dem jeweils gewünschten Umfang. Ich bin weder in der Position noch habe ich die Lust dazu, Menschen etwas vorzuschreiben.

Kreativer vs. generativer Prozess
Fangen wir mal mit ein paar Wortbedeutungen an, genauer mit den Herleitungen der Begriffe „kreativ“ und „generativ“. Auf den ersten Blick sind sich beide sehr ähnlich, aber das täuscht und man muss die jeweilige Herkunft betrachten. Dann wird ein doch recht markanter Unterschied deutlich. Beide Begriffe definieren einen Prozess näher, der jeweils ein anderes Vorgehen beschreibt. Der kreative Prozess ist dabei das Schreiben eines Textes, eines Romans, eines Gedichts oder was auch immer gewünscht ist. Der generative Prozess bezieht sich dann natürlich entsprechend auf generative KI.
„Kreativ“ oder das entsprechende Verb „kreieren“ stammt aus dem Lateinischen, genauer vom Verb „creare“. Je nach Kontext finden sich verschiedene Übersetzungen, unter anderem sowas wie „gebären“, „bereiten“ oder im politischen Sinne „erwählen“. Im Kern läuft es aber in allen Fällen auf die Übersetzung hinaus, die ich hier auch bevorzuge: „erschaffen“. Es geht bei einem kreativen Prozess also darum, Neues gewissermaßen aus dem Nichts zu erschaffen.
„Generativ“ kommt entsprechend von „generieren“ und stammt ebenfalls aus dem Lateinischen. Das Verb „generare“ hat deutlich weniger Übersetzungsmöglichkeiten, ist also enger gefasst in der Bedeutung. Hier lohnt sich dann ein Blick weiter, denn das Wort wiederum hängt eng mit dem Wort „genus“ zusammen, das kennt man noch aus dem Deutschunterricht. In dieser ursprünglichen Bedeutung bezieht es sich weniger auf das Wortgeschlecht, viel mehr auf das Adelsgeschlecht und damit die Abstammung. Entsprechend findet sich vor allem die Übersetzung „zeugen“ oder „ableiten“. Aus etwas Vorgegebenem wird also etwas anderes abgeleitet. Neu erschaffen wird es nicht, es gibt eine eindeutige Vorlage.
Sollte KI das Schreiben übernehmen?
Mit diesen Übersetzungen und Wortbedeutungen kann man jetzt an die Frage gehen, ob KI in den Schreibprozess gehört. Begreift man das Schreiben als einen kreativen Prozess, bei dem etwas Neues erschaffen werden soll, dann muss man einen ganz großen Bogen um KI in dieser Phase machen. Ich war mir früher eigentlich immer sehr sicher, dass das selbstverständlich sei, aber Gesellschaft und Vergangenheit haben mich eines Besseren belehrt. Offenbar ist es nämlich nicht selbstverständlich beim Schreiben auf KI zu verzichten.
Ich kann nur raten, welche Gedanken sich dann hinter der Nutzung verbergen. Vermutlich ist es manchmal auch schlicht Faulheit, das will ich nicht ausschließen. Aber in den meisten Fällen dürfte es leider eher in Richtung Betrug/Plagiat oder gar Abzocke gehen. Das schnelle Geld scheint zu rufen, wenn man KI für Bücher verwenden kann. Aber wir wissen doch alle, dass die Buchbranche für Autoren keine Goldgrube ist und leider vermutlich auch nie werden wird. Man müsste schon unrealistische Mengen an Werken produzieren, um wirklich extremen Umsatz machen zu können. Das wiederum ließe aber schnell die Frage aufkommen, wie eine einzelne Person so viel schreiben kann.

Faulheit und Schreiben?!
Die Faulheit, die ich eben angesprochen habe, will ich aber nochmal aufgreifen. Wir sind alle mal ein bisschen faul… oder ein bisschen mehr. Aber am Ende ist es dennoch die eigene Idee, die man in Form einer Geschichte fabriziert haben möchte. Es verbietet sich deswegen schon aus diesem Grund eigentlich die Nutzung von KI. Aber Faulheit und Effizienz sind manchmal auch nur zwei Seiten einer Medaille. Ich stelle einfach mal die rhetorische Frage (mein Deutschlehrer hat immer gesagt: Übertreibung veranschaulicht): Ist es effizient, wenn man stundenlang, tagelang, wochenlang einzelne Dinge recherchiert, die im Gesamtwerk vielleicht eine halbe Szene ausmachen?
Eine rhetorische Frage muss eigentlich nicht gestellt werden, weil die Antwort eindeutig ist. Nein, es ist nicht wirklich effizient. Es kann Spaß machen, das auf jeden Fall. Ich habe in meiner Bachelor- und meiner Masterarbeit immer wieder solche Phasen gehabt. Aber für einen Roman, eine Kurzgeschichte oder irgendein anderes literarisches Produkt ist das nicht wirklich passend. KI kann daher, so zumindest meine Meinung, bei der Recherche genutzt werden, um dann die Informationen in den eigenen Text zu implementieren. Dass man diese Informationen noch gegenprüfen muss, sollte mittlerweile klar sein. KI macht einfach wirklich dumme Fehler und wird damit auch so bald nicht aufhören, egal wie sehr das alle wollen oder versprechen.
Beteiligte am Veröffentlichungsprozess
Der Autor recherchiert Informationen, hat seine Geschichte strukturiert, die Dialoge und die Welt auf Hochglanz poliert und hat nach Monaten ein fertiges Manuskript. Mit verschiedenen Überarbeitungen sind einige Liter Schweiß geflossen, die sich mit den anderen Litern Tränen vermischt haben, aber jetzt keine Rolle mehr spielen, denn das Buch ist fertig. Doch halt! Noch ist es ja gar kein Buch. Mit viel Glück war in die Überarbeitungen bereits ein professionelles Lektorat involviert, aber nicht alle haben diesen Luxus. Besonders Hobbyautoren und „Anfänger“ sind in der Regel auf einen Freundes- und Familienkreis oder die Community angewiesen, um einen Text so aufzubereiten.
Wir nehmen jetzt einfach mal beide Fälle in Kombination an, weil das auch realistisch erscheint: der Text geht erst durch die Hände von Freunden und der Familie und dann noch über den Tisch eines Lektorats. Und wir nehmen mal weiter an, dass das Lektorat zu einem Verlag gehört (Glückwunsch an diesen fiktiven Autor, dass er einen Vertrag mit einem verlag ergattern konnte). Jetzt stellt sich natürlich die Frage, ob man Menschen immer wieder zum Lesen des gleichen Buches zwingen kann. Vermutlich nicht, deswegen ist es sicher auch einfacher, wenn man die fertigen Szenen oder Kapitel häppchenweise verteilt und so nach und nach Feedback einholen kann. Erst am Ende gibt es dann das vollständige Lektorat, das eben im besten Fall professionell ausgestaltet ist.
Die Optik eines Buches
Zu der Herstellung eines Buches gehört dann aber noch mehr. Die Druckmaschinen bleiben Maschinen, da kann man wenig dran drehen und der tatsächliche Prozess des Druckens kann vermutlich mit KI auch irgendwie verbessert oder verändert werden. Aber in dem eher technischen Bereich kenne ich mich nicht gut genug aus, um etwas sagen zu können. Aber es gibt noch einen wichtigen Punkt in der Herstellung, der in der Regel als erstes auffallen sollte. Ich meine natürlich die Optik, also die Gestaltung des Covers und des ganzen Buchdesigns.
Das Internet ist voll mit KI-generierten Bildern, auf denen Menschen 4 oder 6 Finger haben, auf denen Haare in Kleidung übergehen, auf denen plötzlich Körperteile extra auftauchen. Und es ist auch unfassbar leicht, solche Bilder zu erstellen. Die KI macht das in wenigen Sekunden, baut aber eben auch Fehler ein. Und vor allem: sie klaut. KI kann nicht von selbst herstellen, kann nicht aus dem Nichts erschaffen. Künstler dagegen können das, es dauert deutlich länger als ein paar Sekunden, hat aber auch eine völlig andere (lies: bessere) Qualität. Die KI wurde mit etwas gefüttert, mit dem sie im schlimmsten Fall wegen Urheberrechtsverletzungen gar nicht hätte gefüttert werden dürfen, Künstler und Illustratoren dagegen haben jahrelang, manchmal jahrzehntelang an ihren Fähigkeiten gefeilt.
Sollte KI in den Veröffentlichungsprozess einfließen?
Das Lektorat, die Covergestaltung durch Künstler und viele weitere Hände, die an der Herstellung des Buches mitwirken. Kann und soll da irgendwie KI mit drin sein? Es kann sicher an ein paar Stellen hilfreich sein, aber ich möchte jedem Autoren raten, die Finger davon zu lassen. Unterstützung ist immer gut, aber hier geht es ja schon um Unterstützung durch Personen, die sich auf bestimmte Bereiche spezialisiert haben.
Ich kann mir nur ganz schwer vorstellen, wie eine KI beim Lektorat helfen soll. Okay, sie kann eine Rechtschreibprüfung vornehmen, die Zeichensetzung checken und erkennen, ob ein Satz zu lang ist (Grüße gehen raus, an mein SEO-Tool hier…), aber über die Qualität eines Satzes, eines Absatzes, einer Szene oder eines Kapitels kann keine KI etwas aussagen. Und noch schlimmer: selbst wenn sie das könnte, es wäre eine unfassbar generalisierte „Meinung“ über den Text, da steckt kein Leben drin, kein echtes Feedback, das genutzt werden kann. Menschliche Testleser und Lektoren geben (idealerweise) detailliertes und emotionales Feedback zum Text. Sie sagen, welche Stellen ihnen gut gefallen haben, welche sie unverständlich fanden und welche sie beinahe zum Aufgeben gebracht hätten. Das ist wertvolles Feedback, das einen Text lesenswert machen kann, wenn man es danach einarbeitet.
Leben von der Kunst
Künstler und Illustratoren haben, wie oben kurz beschrieben, lange an ihrer Kunst gefeilt. Sie möchten, wie auch wir Autoren, gerne von ihrer Kunst leben, aber auch für sie ist das nicht so sehr leicht. Ein Coverbild oder andere Illustrationen von KI generieren zu lassen, bringt Menschen um ihre Arbeit und um ihre Einkünfte – das muss man offenbar so klipp und klar sagen. Künstler und Illustratoren verlieren seit die KI Einzug gehalten hat sicherlich viele Kunden und damit bares Geld. Leider habe ich keine Zahlen dazu, wer mir welche zukommen lassen kann, wird dann aber hier an dieser Stelle auf jeden Fall diese Fakten wiederfinden können (stellt euch den Satz als Platzhalter vor).
Und es geht dabei nicht nur um farbenfrohe Coverbilder und coole Designs auf dem Buchrücken oder dem Umschlag auf der Rückseite. Es geht auch um kleine, feine Illustrationen im Buch (warum hat das eigentlich nachgelassen, können wir das bitte wieder mehr machen?). Jedes einzelne Bild, jede einzelne Illustration ist Einkommen für Kunstschaffende. Ich gehe nochmal zu meinem Deutschlehrer von weiter oben zurück: Stellt euch mal ein Bilderbuch für Kinder vor, in dem alles KI-generiert ist. Das Kind fragt sich doch am Ende, warum die Menschen da sechs Finger haben, was mit ihnen selbst nicht stimmt und warum die Kühe lilas sind!
Was kann KI nach der Veröffentlichung?
Jetzt kommt ein ganz spannender Prozess, denn wir nehmen mal an, dass das Buch fertig ist und auf den Markt kommen wird. Das ist ein absoluter Bestseller. Oder nicht? Um das zu erreichen, ist Marketing notwendig. Im schlimmsten Fall richtig, richtig viel Marketing. Auch hier möchte ich nochmal ein wenig unterscheiden zwischen einem Verlagsautoren und einem Selfpublishingautoren.
Der Verlagsautor kann hoffentlich auf ein gutes Marketing beim Verlag zurückgreifen und muss selbst gar nicht mehr viel tun. Dann liegt es beim Verlag, mit einer vernünftigen Marketingstrategie und dem richtigen Content auf das Buch aufmerksam zu machen. Für die Analyse im Vorfeld und während der Kampagne kann KI auf jeden Fall hilfreich eingesetzt werden. Schließlich werden die Menschen zwar dafür bezahlt, aber einen durch das Internet unfassbar beschleunigten und breit gefächerten Markt können auch sie nicht so ohne Weiters überblicken. Autoren sollten in diese Kampagne mit einbezogen sein und im Idealfall auch Material zur Verfügung gestellt bekommen. Zumindest stelle ich es mir so vor, mein eigener Erfahrungsschatz ist leiber noch begrenzt.
Selfpublishing: ein ganz eigenes Thema
Schwieriger ist das alles aber beim Selfpublishing. Alles liegt in den Händen des Autors, es ist ein Fulltime-Job. Hier kann ich voll und ganz verstehen, wenn sich jemand das Leben leichter machen möchte. Das Problem, das sich ergibt, ist aber, dass sich schnell eine gewisse Beliebigkeit einstellt. „Joa, das Bild passt schon ganz gut, ich muss ja aktiv bleiben, also wird das jetzt so gepostet“ könnte da ein Gedankengang sein. Und am Ende passt es eben doch nicht und fügt sich nicht so richtig in das große Ganze ein. Ich bin selbst kein Marketing-Experte, wie wohl die wenigsten Leute in der Autorencommunity, aber ich habe durch ehrenamtliche Arbeit etwas Erfahrung in dem Bereich sammeln können. Und ich sage euch: eine inkonsistente Kampagne ist genauso schlecht wie gar keine Kampagne.
Zu einer solchen Kampagne gehört aber wesentlich mehr als ein paar irgendwie passende Bilder auf dem eigenen Instagram-Profil. Dazu gehört auch, über das Buch zu reden, es bekannt zu machen und Menschen dazu zu bringen, über das eigene Buch zu reden. Und das kann eine KI euch einfach nicht abnehmen, wenn ich nicht überall 08/15-Texte mit falschen Inhalten haben wollt. Es gibt einfach Bereiche, die eine KI so gar nicht abdecken kann, und dazu gehört am Ende auch das, was mit Kommunikation zu tun hat. Aber auch hier kann KI natürlich unterstützend eingesetzt werden. Sie kann euch bei einem Posting-Plan helfen, sie kann euch Ideen für Posts vermitteln. Aber was sie eben nicht kann, ist euch als Person zu ersetzen.
Fazit
KI sollte also keinesfalls in den Schreibprozess integriert werden. Auch Künstler dürfen nicht durch künstliche Intelligenz und entsprechende Bilder ersetzt werden, wenn es sich vermeiden lässt (was eigentlich immer der Fall ist). Im Marketing kann der Einsatz durchaus hilfreich sein, aber es nimmt dem ganzen Output die Persönlichkeit. Was bleibt also noch übrig?
Die Recherche kann mit einer KI effizienter gestaltet werden, aber das Gegenprüfen der Informationen muss von Hand bzw. vom Autor selbst übernommen werden. Eine KI kann euch auch Ideen liefern, ich würde aber nicht darauf vertrauen, dass die a) neu sind oder b) wirklich funktionieren. Das bezieht sich sowohl auf Schreibideen als auch Postingideen als auch einen Marketingplan. Am Ende ist es wie mit den Illustratoren: für (fast) alles gibt es Experten, die nicht ersetzt werden sollten. Es sind schließlich Experten und auch ihr möchtet in eurem Brotjob nicht durch eine Maschine ersetzt werden.
KI ist ein Werkzeug, ein Hilfsmittel. Machen wir es bildlich: KI ist ein Hammer, ihr könnt damit einen Nagel in die Wand schlagen. Es geht auch ohne, aber der Hammer wird es nicht von alleine schaffen. Es kommt immer auf den Benutzer an, der das Werkzeug eben auch zu nutzen wissen muss. Hier hört die Metapher dann auf, weil ich mir wünschen würde, dass wir alle den Hammer mal Hammer sein lassen und es nach Möglichkeit alles von Hand machen.
Nachtrag: Etwas Persönliches
Das hier gehört nicht zum eigentlichen Blogbeitrag, aber ich muss das irgendwo unterbringen. Instagram ist sehr KI-affin, das weiß ich. Aber, OMG, Leute, ganze Profile, die nur aus KI-Bilder bestehen, gehen durch die Decke und sammeln Follower um Follower für Nichts und wider Nichts. Und dagegen stehen Profile, die sich den A**** aufreißen, ihr Gesicht in eine Kamera halten und versuchen so aktiv wie nur irgendmöglich zu sein, die dann aber auf der Stelle treten. das ist ein Problem, das nur die Community gemeinsam angehen kann. Ich hoffe sehr, dass diese geile Community gegen KI aufstehen und zusammenstehen kann.